Ganz nach dem Motto „Probier´s mal mit Gemütlichkeit“ wurde in der vergangenen Woche meine Geduld auf eine harte Probe gestellt. Letzten Mittwoch hatten wir ein Meeting mit unserem Projektleiter Shaffi. Nachdem wir (Simon, Simon, Sören und ich) geschlagene 5 Stunden warten musste, weil Shaffis Kollege den Abend vorher einen über den Durst getrunken hatte und erst ausnüchtern musste, haben wir alles nötige für unser Vorhaben besprochen. Nachdem mir Shaffi die Organisation, für die er arbeitete vorgestellt hatte, ging es ans Eingemachte. Neuerdings war der Plan nun doch 14 Tage in den Busch zu ziehen, statt nur 10. Außerdem mussten wir unsere Begleitpersonen in die Essensplanung miteinbeziehen. Da im Busch weder für Strom, noch für Wasser gesorgt war, mussten wir genügend Fressalien einplanen, die auch zwei Wochen ohne Kühlung überstehen würden. Gar nicht so einfach. Unsere Besprechung zog sich ziemlich in die Länge, denn immer gab es neue Probleme. Beispielsweise brauchten wir nach unserer Rechnung etwa 3-4l Wasser pro Tag und pro Person. Dies würde sich bei sechs Personen auf über 300l Wasser für zwei Wochen belaufen. Wie sollten wir alleine das Wasser in die Wildnis karren?! Uns wurde aber versichert, dass das alles schon gehen würde.
Am Donnerstag wurden dann die Besorgungen letztendlich gemacht. Obwohl die Einkaufsliste auf unerklärliche Weise abhanden gekommen war, sind wir in der brütenden Hitze zum Markt in Morogoro gegangen. Dort gibt es einfach alles. Von Kleidung (secondhand), bis Lebensmitteln, Geflügel (lebend) und Küchenutensilien… Als erstes wurden Bettlaken, secondhand und mit Hirschmotiven, gekauft. Danach die ganzen Lebensmittel. Kiloweise Kartoffeln, ein großer Sack Reis und ein Sack Bohnen. Dazu noch die nötigen Gewürze, ein bisschen Obst und Gemüse, welches wenigstens die ersten Tage halten sollte, Geschirr und sonstige Haushaltsmittel. Die Jungs wollten unbedingt jeder eine Machete kaufen, denn wahre Buschmänner gehen selbstverständlich nicht ohne den passenden Klingen in die Wildnis. Als wir alles eingekauft hatten und etwa vier „Tütenjungen“ unsere Anschaffungen hinter uns her schleppten, suchten wir uns zwei Taxen und fuhren zum Büro der Organistion. Dort luden wir alles aus und verabschiedeten uns für den nächsten Tag.
Generell würde ich von mir behaupten, dass ich ein überaus spontaner und auch abenteuerlustiger Mensch bin. Aber dieser Ausflug sollte doch nochmal was ganz besonderes werden. Als die Jungs und ich am Freitagmorgen mit Sack und Pack vor unserer Lodge darauf gewartet haben abgeholt zu werden, fiel prompt eine tote Ratte vom Himmel und Simon direkt vor die Füße. Ein Omen? Nach diesem Schreck dauerte es nicht mehr lange, als dann endlich unser Projektleiter Shaffi inklusive Gefolge und Jeep angerollt kam. Der Jeep hatte Sitzplätze für etwa 7 Leute. Das passte. Nur wo sollten unsere ganzen Koffer und vor allem die ganzen Lebensmittel für die nächsten 2 Wochen hin? Aber die Afrikaner kennen solche Probleme nicht. Wenn der Kram nicht mehr ins Auto passt, wird er halt auf´s Dach geschnallt. Zunächst wurden Koffer und Backpacks auf das Dach gehievt, danach die ganzen Tüten mit Obst, Gemüse, Reis, säckeweise Kartoffeln, der Gasherd, die Wasserkanister…. Einfach alles. Auf meine Frage, ob es denn nicht auch eine Dachlast gibt, wurde von seitens der Jungs nur mit den Schultern gezuckt. Hier gibt es die nicht. Unser vollgepackter Jeep rollte nun also langsam auf die Straße, als Shaffi einfiel, dass er sein Handy vergessen hatte. Also alles noch einmal zurück. Unser zweiter Versuch klappte endlich besser. Unterwegs haben wir noch eine Kiste Tomaten und eine Tüte Fleisch gekauft für die nächsten Tage, ansonsten verlief alles problemlos. Zumindest solange, bis wir von der asphaltierten Straße abbogen, um den Wami Mbiki Park zu erreichen. Die Straßen wurden hier immer unebener und holpriger. Am Eingangstor zum Park mussten wir ziemlich lange warten, weil wir Guides brauchten, die uns den Weg zeigten und uns ggf. schützen können. Das einzige Problem ist nur, dass die Motorräder alle kein Benzin hatten. Es musste also jemand los und Benzin holen. Als dieses Problem endlich gelöst war ging es weiter. Die Wege wurden nur leider nicht besser. Das Dach beschwerte sich lautstark bei jeder Bodenwelle und einige Male setzte der Jeep hinten auf. Innerhalb kürzester Zeit mussten wir anhalten, weil sich unser Dachgepäck verabschiedete. Laut der Ranger mussten wir uns beeilen, weil Elefanten ganz in der Nähe waren und die keine weiße Farbe, wie die unseres Jeeps, mögen. Auf der etwa zweistündingen Strecke durch die Wildnis wiederholte sich dieses Prozedere noch etwa fünfmal. Oft konnten wir auch nicht auf den vorgesehenen Wegen fahren, weil irgendein Elefant versehentlich einen Baum umgeschubst hat. Von Zeit zu Zeit stand unser Auto im 45° Winkel zur Straße, woraufhin unser Fahrer eine Flasche Konyagi (das afrikanische Äquivalent zum russischen Wodka) auspackte. Nach einer wirklich sehr durchwachsenen Fahrt kamen wir nachmittags ziemlich geschafft an unserer Hütte an. Die Jungs, die vor einigen Tagen schon einmal hier waren, kannten die Gebäude schon.
Ich ging also erst einmal auf Entdeckungsreise. Die Zimmer waren alle ziemlich winzig und bis auf ein klappriges Bettgestell gab es hier nichts. Das Klo war ein Loch im Boden und eine Dusche gab es auch nicht. Nachdem wir den Jeep ausgepackt und eines der Zimmer als Küche deklariert hatten, wurde gekocht. Neben Shaffi begleitet uns auch noch eine Mitarbeiterin der Organisation, die für uns Reis und Fleisch servierte. Abends saßen wir gemütlich am Lagerfeuer und haben Karten gespielt. Als unsere weibliche Begleitung allerdings neben mir saß und nur kopfschüttelnd meinte, sie könne sich nicht vorstellen, wie sie zwei Wochen hier überstehen solle, und sich nebenbei aus Frust Datteln in den Mund schob, wurde mir noch einmal bewusst, dass dies hier kein Spaziergang werden würde.
Am nächsten Morgen wurden wir von den Klängen der Natur geweckt. In Afrika wird es nicht nur erstaunlich früh hell, auch die Tiere und vor allem Vögel begrüßen den Sonnenaufgang mit lautstarkem Gesang. Das Frühstück bestand aus den Resten des Abendessens. Blöd nur, dass wir weder über Küchenschränke, noch über einen Tisch verfügten. Die Lebensmittel lagen somit alle auf dem Boden, zur Freude der Ameisen. Nachdem die Ameisen halbwegs aus dem Reis gefischt wurden und wir gegessen hatten, machten die Jungs und ich uns an den Abwasch. Zu unserem Entsetzen mussten wir feststellen, dass nicht nur Messer und Gabel, sondern auch eine Menge mehr vergessen wurden. Wir hatten keine Tütensuppen, keine Seife, kein Spülmittel, keim Moskitospray, keine Schwämme und keine Servietten. Obwohl wir all diese Dinge gekauft hatten, waren sie auf mysteriöse Wege verschwunden. Wir mussten also mit Waschpulver, welches eigentlich für die Wäsche gedacht war, und einem alten Stück Schaumstoff aus einer der Matratzen spülen. Heute sollten wir die Mitarbeiter des Parks treffen und ihnen Fragen stellen. Shaffi gab uns also ein Frageschema und wir machten uns auf dem Weg zu den Hütten der Ranger. Da diese kein Englisch sprachen, musste Shaffi unsere Fragen und dann natürlich auch die Antworten übersetzen. Für den Rest des Tages war nichts mehr geplant. Wir vertrieben uns also unsere Zeit mit Skatspielen, Lesen und sonstiger Aktivitäten. Bei einer mehr oder weniger gelangweilten Tour um unsere Hütte fand ich ein altes rostiges Blech im Dreck liegen. Es war tatsächlich eine waschechte Machete! Die Jungs waren ein bisschen neidisch, weil meine viel stabiler war und die Klinge leicht geschwungen ist, als die die sie auf dem Markt gekauft hatten. Jetzt hatte ich endlich auch so ein Ding :) Am Nachmittag begann dann die Regenzeit. Warum musste die unbedingt jetzt anfangen? Unsere Zimmer besaßen keine geschlossenen Fenster, sondern nur rostige Gitter. Deshalb war alles im Zimmer innerhalb kürzester Zeit feucht, klamm und eklig. Selbst das Kissen klebte mir abends im Gesicht.