Hakuna Matata ist Swahili und heißt übersetzt soviel wie „keine Probleme“. Eigentlich sollte man meinen, dass dies so langsam der Fall sein sollte, nach all dem Theater mit meinem Projekt und meiner Organisation. Leider täuscht man sich da.
Leicht humpelnd und ziemlich langsam bewegte ich mich am Montag nach der Bergwanderung fort. Wochenlange Sportabstinenz und dann die extreme Beanspruchung am Sonntag machten sich sehr in Bein und Popo bemerkbar. Abgesehen von diesen Schmerzen war der Tag allerdings relativ uninteressant. Wir waren morgens arbeiten und sind mittags mit dem Dalladalla in die Stadt gefahren, um eine Kleinigkeit zu essen. Als wir schon fast wieder auf dem Weg zum Hostel waren schrieben die Mädels und nur wenig später die Lindi-Girls, dass sie in Morogoro angekommen wären und nun ins Hostel kämen. Die beiden aus Lindi, Nadja und Maria, sowie die Mädels aus Tanga, Miriam und Lena, wollten uns nämlich besuchen und die Gegend erkunden. Auf ihrem Reiseplan stand zunächst eine Safari für den morgigen Tag, an die Anna und ich uns anschließen wollten. Nachdem also alle bei einer kühlen Cola beisammen saßen, Neuigkeiten ausgetauscht wurden und lustig geschwatzt wurde sind Anna und ich zu unserem Sprachkurs. Premiere! Wir gingen also zum Büro der TTPRO wo unser Sprachlehrer uns erwarten sollte. Nach einer geschlagenen Dreiviertelstunde, die wir gewartet haben, war unsere Geduld am Ende und unser Hunger zu groß. Leicht verärgert sind wir, ohne auch nur ein Wort Swahili gelernt zu haben, zurück zur Lodge gestapft. Dort haben wir gemeinsam mit den anderen gegessen und sind früh ins Bett gegangen, schließlich war unsere Safari für 7 Uhr gebucht und man fährt etwa noch zwei Stunden von Morogoro in den Mikumi National Park. Da der früheste Bus allerdings erst ab 7 Uhr fährt, mussten wir uns ein Taxi für 5 Uhr bestellen. Dies kostete zwar wieder extra, aber wir hatten leider keine andere Wahl. Unser Taxifahrer hatte es nur nicht so ganz mit der Pünktlichkeit. Als wir mitten in der Nacht vor dem Hostel standen mit Fresspaketen, literweise Wasser, Kameras und Safarihüten auf den Rücken, war weit und breit kein Taxi in Sicht. Gut eine halbe Stunde später rumpelte ein kleines weißes Auto um die Ecke. Endlich! Schnellstmöglich haben wir uns sechs Mädels in die winzige Karosserie gezwängt: einer vorne, drei hinten und zwei auf dem Schoß. Wir hatten einiges an Zeit verloren und mussten demnach zusehen, dass wir die wieder einholten. Auf diesen Straßen ist das ein wahres Kunststück.
Je näher wir uns dem Nationalpark näherten, desto häufiger wurden die Straßenhügel, die diejenigen auf den Schößen, an die Decke fliegen ließen und den Fahrer zum Schneckentempo zwang. Während wir langsam aus unserer verschlafenen Trance erwachten, wurden wir uns der Straßenschilder bewusst, auf denen davor gewarnt wurde bestimmte Tiere zu überfahren. So kostet ein überfahrener Elefant bspw. 15.000$ und ein Warzenschwein nur 450$. Als wir schon die ersten Affen, Zebras und Giraffen vom Highway aus beobachten konnten, fuhren wir mitten in einen großen LKW-Unfall. Ein LKW war bereits komplett ausgebrannt, ein anderer lag auf der Seite. Nach einer weiteren Verzögerung und bereits besorgten Anrufen unseres Safariunternehmens, wo wir denn steckten, haben wir die Stelle passiert und konnten weiterfahren. Die letzten Meter zu der Safarilodge machte unser Taxi bereits merklich eigenartige Geräusche. Beim Aussteigen entdeckten wir einen komplett platten Hintereifen. Tja, da waren die Mädels wohl zu schwer, um Vollspeed über die Huckel zu düsen.
Der Jeep für unsere Safari war super. Der Wagen war wie ein Pickup konzipiert, auf dessen Ladefläche zwei erhöhte Sitzbänke mit Sonnensegel gebaut waren, sodass wir problemlos in alle Richtungen gucken konnten. Wie aufgeregte Kinder kletterten wir auf das große Gefährt. Ein Guide saß hinten auf der Sitzbank und erzählte uns grundlegende Dinge über den Park und über die Tiere, die wir sehen konnten. Als erstes entdeckten wir eine große Warzenschweinfamilie. Unser Jeep blieb stehen und das Klackern der Kameras konnte losgehen. Wir beobachteten wie die Muttersau ihre Jungen vor einem Schakal verteidigte, bevor wir langsam weiter fuhren. In der nächsten Zeit sahen wir haufenweise Impallas, Zebras und Giraffen. Impallas sind mittelgroße Gazellen, die man an ihrem schwarzen McDonalds „M“ auf dem Hinterteil erkennt. Ich war überrascht, wie viele Zebras und Giraffen zum großen Teil gemeinsam zu sehen waren. Die Zebras sehen einfach nur interessant und elegant aus, mit ihrem gestreiften Fell. Auch die Giraffen sind erstaunlich gut getarnt in der trockenen Graslandschaft. Ich fand es wahnsinnig aufregend diese Tiere, die man aus Zoo und Fernsehen kennt, so nah zu erleben. Einige Tiere standen regelrecht einen Steinwurf von uns entfernt. Dieser Eindruck verstärkte sich, als wir dicke graue Elefanten in der Ferne erspähten. Als wir ihnen immer weiter entgegen gekommen sind und die Herde gemütlich am Straßenrand einige Sträucher knabberten, war ich regelrecht sprachlos. Diese mächtigen Tiere in freier Wildbahn zu erleben ist nochmal was ganz anderes, als ein Zoobesuch. Zwischendurch haben wir noch Gnus, Büffel und eine Reihe interessanter Vögel entdeckt.
Allerdings stieg die Sonne gegen Mittag immer höher und die meisten Tiere hatten sich wegen der zunehmenden Hitze zurückgezogen. Wir machten also erst einmal Pause, um eine Kleinigkeit zu essen. Unter einem alten Baobabbaum haben wir unsere Chapati gemampft.
Nachdem wir uns gestärkt hatten und etwas schläfrig wurden, machten wir uns wieder auf den Weg. Spätestens an einer extrem matschigen Stelle wurden alle wieder wach. Vor uns ging es steil runter und es wurde ziemlich matschig. Nadja fragte noch etwas kritisch „Will this work?“. Natürlich geht das! Mit Anschwung sind wir deftig in den Schlamm gebraust… und stecken geblieben. Nachdem der Schlamm in alle Himmelsrichtungen gespritzt war und der Jeep am Ende seiner Kräfte war, sind die Guides ausgestiegen, um trockenen Sand vor die Räder zu schaufeln. Meine Güte, was für ein Abenteuer. Zum Glück konnten wir nach kurzer Zeit weiter fahren. Wir haben eine sehr entspannte Löwendame entdeckt, die unter einem Baum ihr Mittagsschläfchen hielt und etwas weiter des Weges entdeckte unser Guide noch einen. Natürlich wollten wir den unbedingt sehen. Also wurde einmal rundum geguckt, ob uns jemand sieht und verbotener Weise sind wir kurz Offroad zu dem Löwen gefahren. Und es war sogar einer mit richtiger Mähne, der im Dickicht entspannte. Um ihn nicht lange zu stören, sind wir schnellstmöglich zurück auf den Weg. Während wir zum Wasserloch zu den Hippos und Krokodilen gefahren sind, wurden wir noch von einem Schwarm Tsetse-Fliegen angefallen. Das war überhaupt nicht witzig, weil die Viecher wie Bremsen stechen und die Schlafkrankheit übertragen können. Was mich total fasziniert hat, war dass sich die Landschaft innerhalb kürzester Zeit sehr stark verändern konnte. Von eher waldigem Gebiet zu trockener Steppe, oder saftige Graslandschaft. Am Ende des Tages waren wir zwar ziemlich geschafft, aber total glücklich. So ein tolles Erlebnis hat man nicht alle Tage!
Die gute Laune sollte leider nicht ewig währen. Der nächste Tag fing an wie jeder andere auch. Bis bei der Arbeit zwei Herren auftauchten, die sich als Vertreter der Immigration Police vorstellten und gerne unsere Reisepässe sehen wollten. Natürlich tragen wir die nicht ständig mit uns, aus Angst uns könnten sie geklaut werden. Nachdem wir ein wenig mit ihnen geredet hatten wurde klar, dass diese beiden Männer Anna und mir erzählen wollten, dass wir ein Arbeitsvisum bräuchten. Aber wir hatten das natürlich schon alles mit Baracka geklärt. Also riefen wir an, damit er den Leuten sagen konnte, dass er uns registriert hat und es keine Probleme gibt. Baracka sah das nur leider ganz anders. Nach eigener Aussage, wäre das nicht sein Problem, wir sollten selber zusehen. Da ist mir der Kragen geplatzt. Ich habe ihm am Telefon ziemlich deutlich gemacht, dass er gefälligst sofort kommen sollte, da er schließlich für uns verantwortlich wäre. Er kam auch nach einiger Zeit, allerdings mit schlechten Nachrichten. Tja, so wie es aussähe gäbe es jetzt doch Probleme und wir müssten dieses Problem jetzt lösen. Ja genau, Baracka. Schlag was vor! Sein Vorschlag war natürlich, dass wir einfach mal so 200$ für das Visum zahlen. Nachdem ich kleiner Dickkopf darauf beharrt habe, dass ich absolut pleite bin und von daher nicht bereit bin das Visum zu bezahlen, wollte er mit dem Hauptverantwortlichen hier in Tansania telefonieren, welcher das klären sollte. In der Zwischenzeit sind wir in unser Hostel zurückgefahren, haben die Reisepässe geschnappt und sind zum Immigration Büro gefahren. Während der Autofahrt haben Anna und ich mit Baracka unsere Möglichkeiten besprochen und wir haben uns darauf geeinigt den Behörden verständlich zu machen, dass wir gar nicht mehr so lange in dem Amani Centre arbeiten, da wir noch etliche Reisen für verlängerte Wochenenden geplant hatten.
Im Immigration Büro selber sollten wir direkt einen Antrag für das Arbeitsvisum ausfüllen. Da Baracka nur mit seinem Handy beschäftigt war, fragte ich den Offiziellen, wieso ich denn ein Arbeitsvisum bräuchte, schließlich hatte ich weder einen Arbeitsvertrag, noch wurde ich bezahlt. Der Mensch versuchte mir zu erklären, dass ich auch ohne Bezahlung angestellt sein könne. Ich wollte daraufhin eine genaue Definition von Arbeit hören. Daraufhin wurden Anna und ich an einer Reihe Gefängniszellen in ein Hinterbüro geführt. Dort wurden wir jeweils getrennt voneinander an einen Schreibtisch gesetzt und sozusagen verhört. Anna durfte sich direkt anhören, dass sie gar nicht erst versuchen sollte irgendeinen Dreck zu erzählen, sie würde eh nur lügen. Der Offizielle wüsste Bescheid, schließlich hätte Baracka in seiner „Registrierung“ vor einigen Tagen geschrieben, dass wir im Amani Centre arbeiten würden. Der Beamte, welcher mich verhörte, war glücklicherweise nicht ganz so krass. Ich beharrte weiterhin darauf, dass ich das Gesetz sehen wollte, welches mir verbot das Amani Centre nur zu besuchen. Natürlich konnte er mir das nicht zeigen und sagte mir, Tourismus wäre: Safaris machen, Zanzibar besuchen und in einem Hotel wohnen. Na super, Safari hatte ich gerade hinter mir, Zanzibar war für Dezember geplant und in einem Hostel wohnte ich auch. Zwischendurch wollte ich aber zusätzlich auch ins Amani Centre. Mein Beamter verzweifelte scheinbar langsam, verließ das Büro und kam mit Baracka im Schlepptau zurück. Baracka betrat den Raum, baute sich vor uns auf und schimpfte los, was das Ganze denn sollte, es wäre doch alles geklärt. Wir sollten einfach dieses Visum beantragen und was das denn sollte, dass wir so einen Aufstand machten? Das fände er überhaupt nicht gut. Na toll, danke für deine Unterstützung! Da fiel uns unser Ansprechpartner in den Rücken und stellte uns vor versammelter Mannschaft wieder als die blöden Weißen dar, die nur Probleme machen. In die gleiche Kerbe haute direkt ein weiterer Anwesender, offensichtlich auch Beamter. Was uns denn einfiele, dass wir denken würden das Gesetz ändern zu können. Das könnten wir gerne vor Gericht versuchen. Der füllige Mensch brüllte uns noch hinterher, als wir verzweifelt auf den Flur flüchteten. Wir wollen doch gar keine Gesetze ändern, nur fühlen wir uns ziemlich verarscht. Wieso taucht ausgerechnet nach zwei Arbeitstagen die Immigration Police auf und will auf einmal Geld haben, wo noch nie die Rede davon war, dass Freiwilligenarbeit Arbeit ist. Auch meine Organisation hatte mir ausdrücklich im Vorfeld versichert, ich bräuchte ein Touristenvisum. Verdammte Korruption…. So viel dazu. Nach den Geschehnissen waren wir nervlich ziemlich am Ende und unsere Laune abgrundtief im Keller. Das Formular haben wir mitgenommen, ausgefüllt und Baracka wiedergegeben. Seitdem haben wir zum Glück nichts mehr zu dem Thema gehört. Hoffentlich bleibt das auch so!