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Das Dschungel(tage)buch [Teil 2]

Am nächsten Morgen sah das Wetter schon ein bisschen besser aus. Wir zogen uns unsere Outdoorklamotten an und wurden von den Guides abgeholt, um zum Fluss zu laufen. Etwa fünf dicke Hippos dümpelten gemütlich in der grünen Brühe herum. Wie sollte es aber anders sein, als dass wir während unserer Klettertour am Fussufer entlang wortwörtlich geduscht wurden? Innerhalb von Sekunden öffnete der Himmel alle Wasserschleusen, die es gab und wir waren pladdernass. So schnell es ging suchten wir Unterschlupf in einer nahegelegenen Hütte, aber da wir eh schon nass waren und der Regen nicht weniger wurde, entschieden wir uns zurück zu unserer Hütte zu gehen. Nachdem wir uns einigermaßen trockengelegt hatten, wussten wir nicht so recht was wir nun tun sollten. Die einzigen Stühle, die wir besaßen waren nass und unsere Zimmer nur sehr klein. Also legten wir uns gezwungenermaßen in unsere Betten. Als wir nachmittags wieder munter wurden, hatte sich der Regen etwas gelegt. Als wir zum Essen in die Küche gingen stand da ein Tisch. Endlich ein Tisch! Wir haben den restlichen Tag bei heißem Tee und Taschenlampenschein in der Küche verbracht, haben Karten gespielt und geplaudert.

Der vierte Tag begann zugegebenermaßen erst relativ spät. Da wir hier nicht so viel zu tun hatten, ließ sich der Tag durch langes Schlafen gut verkürzen. Zum Frühstück gab es Tomatensalat und Süßkartoffeln, danach sollten wir wieder auf Wanderung gehen. Diesmal waren wir auf den Regen gefasst und nahmen vorsorglich unsere Regenjacken mit. Bis auf ein bisschen Nieselregen wurden wir diesmal allerdings verschont. Während unserer zweistündigen Hikingtour haben wir leider so gut wie keine Tiere gesehen. In weiter Ferne gab es ein paar Hinterteile von Gazellen zu sehen, die erschrocken davongaloppierten. Heute kam auch endlich das Duschwasser an, welches uns schon vor einigen Tagen versprochen wurde. Ein großer Tank zierte von nun an unsere Wohnfläche vor dem Haus, randvoll mit grünlichem Flusswasser. Mhhh… Zur Abkühlung machten wir uns erstmal auf den Weg zum Fluss, um uns stattdessen dort zu erfrischen. An einer flachen Stelle, wo weder Hippos noch Krokodile in Sicht waren, konnten wir uns wenigstens ein bisschen waschen. Abends haben wir versucht das Feuer zu entfachen. Da das Holz und die Feuerstelle aber ziemlich nass waren, hatten wir unsere Schwierigkeiten. Erst als die Ranger kamen und uns halfen, loderten kleine Flammen auf. Die Ranger brachten uns nicht nur die Erleuchtung, sondern auch einen frisch gefangenen Welz aus dem Fluss. Und zwar was für einen! Noch zuckend wurde das glitschige Tier ausgenommen und filletiert und im Lagerfeuer gebraten. Obwohl ich sehr wählerisch bin, was Fisch angeht muss ich sagen, dass ich positiv überrascht war. Ich hab schon lange nicht mehr so guten und wahrscheinlich frischen Fisch gegessen.

Der Tag des Showdowns… Wir hatten Shaffi in den vergangenen Tagen mehrmals gefragt, was wir denn im Rahmen unseres Projektes alles machen würden. Seine Antwort war, dass wir uns die Korridore für die Tierwanderungen anschauen würden (auf den Wanderungen) und wir Stunden bekommen sollten, zum Thema Tierverhalten. Außerdem würden wir zum nächstgelegenen Dorf fahren, um dort mit den Menschen über Wilderei zu sprechen. Die Wanderungen brachten uns herzlich wenig. Wir stiefelten einfach den Rangern hinterher und wussten auch erst nach der Wanderung, dass wir uns einen Korridor angeschaut hatten. Die Stunden zum Tierverhalten wurde von der weiblichen Begleitung durchgeführt. Innerhalb weniger Minuten gab sie uns eine Art Steckbrief zu bestimmten Tieren und fertig. Tja, und das Auto welches das einzige hier im ganzen Park war, steckte im Schlamm fest und das angeblich schon seit drei Tagen. Da kann man nichts machen.

Wir hatten jetzt aber die Nase gestrichen voll. Dieses Projekt sollte Spaß machen und nicht zur Geduldsprobe für uns alle werden. Uns wurde die Arbeit im Nationalpark versprochen mit Unterkunft in einer Touristenlodge und nicht ein vermeintliches Forschungsprojekt ohne wirkliche Aktivitäten in einer kleinen Hütte. Mit der Unterbringung und den Mängeln an Wasser und Strom ließe es sich ja vielleicht leben, aber das Projekt entsprach einfach nicht unseren Vostellungen. Also beichteten wir Shaffi unsere Bedenken. Er versicherte uns, dass die Lebensmittel und Wasservorräte aufgestockt werden würden, dass es bald Strom geben würde und und und aber wir wollten nicht mehr. Wir forderten ihn also auf einen Rücktransport zu organisieren. Als er nach Rücksprache mit seinem Chef allerdings meinte, dass wir das Projekt nicht abbrechen dürften und die vollen 14 Tage machen müssten, verzweifelten wir langsam. Wir hatten doch Geld dafür gezahlt, um hier eine tolle Zeit zu haben und die konnten uns doch nicht zwingen in der Wildnis zu bleiben! Wie sollten wir hier nur weg kommen? Also haben wir nach Netz gesucht und unsere Organisation in Deutschland kontaktiert. Die kümmerte sich darum und innerhalb kürzester Zeit wurde uns ein Auto für den nächsten Tag versprochen. Es geht doch!

Wenn die vergangenen Tage noch so langweilig waren, die Rückfahrt war es definitiv nicht! Der Jeep wurde vollgestopft mit Menschen (wir vier Projektteilnehmer, Shaffi, unsere weibliche Begleitung, ein Ranger und natürlich der Fahrer) und das Dach wieder mit allen Dingen beladen, die wir bis dahin noch nicht aufgegessen hatten. Dann konnte es losgehen! In einem Affenzahn sind wir durch die afrikanische Buschlandschaft gedüst, da wir etwas spät dran waren und noch einen Bus zurück in die Hauptstadt erwischen mussten. Lange hat es nicht gedauert, bis nicht nur die Dachladung etwas verrutscht war, sondern bis auch eins der hinteren Klappfenster lustig im Wind flatterte. Tja, da hatte es das Fenster doch tatsächlich aus den Angeln gerissen. Aber wir sind ja jetzt waschechte Buschhelden und konnten das Problem mit einem Stück Baumrinde und einer ausgefeilten Knotentechnik beheben. Wir durften ja keine Zeit verlieren, deshalb ging es geschwind weiter, über Stock und Stein und tiefe Regenpfützen. Und dann stand da ein Baum im Weg. Aber nichts konnte uns aufhalten. Im vollen Tempo wurde der Baum seitlich gerammt, der Kotflügel flog im hohen Bogen ins Gebüsch, aber was soll´s? Kein Grund anzuhalten, das Auto fährt schließlich noch. Noch… Als wir ziemlich verschwitzt, durchgerüttelt und zottelig am Maingate ankamen vernahmen wir nämlich ein eindeutiges Zischen vom hinteren Reifen. Wie gesagt, der Bus wartet nicht (zumindest nicht, wenn er vor unserer Ankunft voll ist) und somit sind alle wieder in die Rostlaube gehüpft und weiter ging die Tour. Zum Glück dauerte es nicht mehr lange bis unser demolierter Jeep eine ebenerdige Straße erreichte und wir bis nach Morogoro cruisen konnten und sogar noch rechtzeitig im Bus saßen. Als wir endlich wieder das vergleichsweise gemütliche Studenthouse in Dar es Salaam beziehen konnten und richtiges Essen auf dem Tisch standen, sind wir wie eine unzivilisierte Bande von Streunern über das Futter hergefallen. Endlich befanden wir uns wieder in der Zivilisation, hatten ein richtiges Klo (sogar mit Klobrille!), Strom und Wasser. Und mein sechsmonatiges Projekt wurde damit auf sechs Tage verkürzt….

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